Die Veröffentlichung des neuen Thrillers Virenkrieg von Lutz Büge läuft. Doch wie realistisch ist das in dem Roman entworfene Szenario eines Krieges mit biologischen Waffen? Was sind das für sonderbare Terroristen, die in Virenkrieg das Luxuskreuzfahrtschiff Queen Mary 2 entführen, fast ohne jemandem ein Haar zu krümmen? Und wieso erscheint dieses E-Book in zehn Teilen, statt wie die Vorgängerromane Der Osiris-Punkt und Genetics in drei bis vier Teilen? Fragen von Herrn Vögele an den Autor im Ybersinn-Interview.
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„Wir sind indoktriniert!“
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Herr Vögele: Du bringst den „Virenkrieg“ in zehn Teilen heraus. Für mich als alten Buchleser ist das ungewöhnlich. Wieso dieser Weg?
Herr Büge: Weil mir enge Grenzen gesetzt sind, in denen ich als Autor auf meine Romane aufmerksam machen kann. So ist das eben, wenn man nicht von einem Verlag herausgebracht wird. Da gibt es meine Webseite Ybersinn.de, da gibt es Facebook und Twitter. Außerdem verschicke ich einen Mail-Newsletter. Und es gibt Amazon. Mit diesen fünf Werkzeugen kann ich für den „Virenkrieg“ werben. Dabei hoffe ich zum Beispiel darauf, dass meine Facebook-Bekannten, die meine Romane mögen, Links von mir teilen und sie in ihre eigenen Profile übernehmen, so dass eine Art Mund-zu-Mund-Propaganda einsetzt, aber das lässt sich meinerseits nicht steuern.
Aber warum in zehn Teilen? Das ergibt einen Veröffentlichungszeitraum von mehr als zwei Monaten!
Jeder einzelne der zehn Teile taucht als Titel in der Amazon-Liste der Neuerscheinungen auf. Das verschafft mir größere Aufmerksamkeit. Außerdem gab mir das die Möglichkeit, die Handlung des Romans so zu konzipieren, dass er drei Einstiegspunkte hat. Bei Amazon ist eines der Werbeinstrumente der Gratis-Download, den ich auch für den „Virenkrieg“ irgendwann noch anbieten möchte — aber natürlich nicht für den ganzen Roman, sondern nur für die drei Einstiegspunkte. Das sind Teil 1, 4 und 7. Ich kann also drei Teile in Werbe-Aktionen anbieten, nicht nur einen, wie bei den Vorgänger-Romanen. Der Werbeeffekt dieser Aktionen ist enorm.
Da ist das Prinzip der Serie ja sogar hilfreich. Als ich den „Virenkrieg“ las, erinnerte mich das an die Sehgewohnheiten bei einer Fernsehserie — am Ende immer ein Spannungsmoment, so dass man unbedingt weiterlesen wollte.
So wünsche ich es mir. TV-Serien funktionieren nach diesem Modell, aber auch manche Heftromanserien. Im 19. Jahrhundert war die Sitte übrigens weit verbreitet, Romane in Fortsetzungsserien zu veröffentlichen. Große Autoren wie Charles Dickens haben so ihre Romane erstmals erscheinen lassen. Erinnern möchte ich auch an den guten alten Fortsetzungsroman in der Tageszeitung — eine Tradition, die völlig aus der Mode gekommen ist. Es liegt eine gewisse Ironie darin, diese altbewährte Methode bei einem neuen Medium wie dem E-Book wieder hervorzukramen.
Ich hatte das Vergnügen, den „Virenkrieg“ schon komplett lesen zu dürfen. Was mich fasziniert und zugleich erschreckt hat: Das Buch spielt in ungefähr zehn Jahren, aber es könnte ebenso heute schon so sein. Hast Du prophetische Gaben?
Ja, natürlich. Du nicht? Ich finde es zum Beispiel nicht besonders schwer vorherzusehen, dass die USA in zehn Jahren arrogant und anmaßend auftreten werden, eine Weltmacht, die die Bodenhaftung komplett verloren hat. Wir haben ja gerade angesichts des NSA-Abhörskandals erlebt, mit welcher Selbstverständlichkeit die Amerikaner glauben, alles machen zu dürfen, wozu sie technisch in der Lage sind.
Sofern man einen letzten Funken Glauben an irgendetwas Gutes in den USA hatte, ist er nach der Lektüre weg.
Nun, immerhin ist einer der beiden wichtigsten Protagonisten im „Virenkrieg“ ein Amerikaner: Michael Schwartz, der Sohn des Senators, dessen Geschichte ab Teil 4 erzählt wird. Und er bekommt Hilfe von anderen Amerikanern, etwa vom geheimnisvollen Evan. Offenbar gibt es in den USA in den Jahren 2022 bis 2024 eine Reihe von Leuten, denen bewusst ist, dass etwas in ihrem Land nicht optimal läuft. Aber Du hast schon recht — es ist ziemlich schwer, Leute sympathisch zu finden, die von sich behaupten: Wir sind die Guten!, die dann aber für Waterboarding und andere Foltermethoden eintreten.
Auf der anderen Seite spielen Terroristen eine Hauptrolle, die so gar nicht unserer Vorstellung vom Terroristen entspricht. Das hat mich bei der ersten Lektüre verblüfft, sogar verwirrt.
Ich liebe es eben, eingeübte Erklärungsmuster aufzubrechen. Was Terroristen betrifft, haben wir ein klares Muster im Kopf, wie diese Leute sind: Araber, religiöse Fanatiker, erfüllt von glühendem Hass auf alles, was westlich ist. Das heißt, wir sind indoktriniert! Woher diese Terroristen kommen und warum sie so handeln, das brauchen wir uns nicht mehr zu fragen, das ist Teil des Bildes, das wir schon von ihnen haben. Mit Fanatíkern kann man nicht diskutieren. Der islamische Terrorismus ist aber von irgendwoher gekommen. Er hat seine Ursachen — und daran sind die Amerikaner leider nicht ganz unbeteiligt. Mit demselben Recht, mit dem wir die Attentäter von 9/11 als Terroristen bezeichnen, könnten die auf die Idee kommen, diejenigen als Terroristen zu bezeichnen, die von unbemannten Drohnen aus Raketen auf Trauergemeinden abschießen, um einen bedeutenden Terroristen zu töten, und die dabei eine ganze Reihe von zivilen Opfern billigend in Kauf nehmen.
Immerhin gibt’s noch ein paar Terroristen, die unserem Bild entsprechen. 🙂
Aber im Ernst: Je weiter die Handlung fortschreitet, desto plausibler wirkt das Tun der Islamischen Allianz. Fazit: Du kreuzigst die Amis und stellst Islamisten so dar, wie die sich womöglich gar nicht sehen wollen. Man könnte sagen: Du machst Dir viele Feinde.
Ich kreuzige die Amis nicht, und ich relativiere auch den Terrorismus nicht. Die „Bösen“ sind allerdings weniger böse oder auf andere Art böse, als man sich das gemeinhin denkt. Und wenn diese „Bösen“ auch noch darüber nachdenken, wie sie gegen Extremisten in ihren eigenen Reihen vorgehen können und wie der Islam zu reformieren wäre, dann stiftet so was natürlich Verwirrung. Und die „Guten“ sind schon gar nicht einfach nur gut. Wir wollen mal nicht vergessen, mit welchen Lügen die Amerikaner den zweiten Irak-Krieg herbeigeführt haben. Im „Virenkrieg“ kommen eine ganze Reihe von amerikanischen Verbrechen auf den Tisch, auf eine für die Amerikaner unangenehme Weise. Das ist sicher provozierend, ja. Es hat großen Spaß gemacht, den „Virenkrieg“ zu schreiben.
Das merkt man beim Lesen. Fasziniert bzw. eher erschreckt hat mich als naturwissenschaftlichen Laien die Konstruktion der Biowaffe. Ist es so tatsächlich vorstellbar?
Das Biowaffensystem „Skylla & Charybdis“, das ich für den „Virenkrieg“ erfunden habe, ist natürlich eine Fiktion, aber ich denke, dass es technisch machbar ist. Das Diabolische an diesem Waffensystem ist, dass es sich gezielt gegen einzelne Menschen richten lässt, also zum Beispiel gegen einen unliebsamen Ajatollah. Während der ersten Stufe des Einsatzes wird das Opfer im Laufe einer harmlosen Infektion markiert. Es merkt davon nichts. Die zweite Stufe der Waffe wirkt nur bei derart markierten Menschen. Das Teuflische daran ist, dass diese zweite Stufe praktisch von jedermann übertragen werden kann. Die Idee ist also eigentlich ziemlich einfach. Die Frage ist wohl nicht die, ob so etwas tatsächlich vorstellbar wäre, sondern eher die, ob der Aufwand zum Ergebnis in einem Verhältnis steht, das man als angemessen bewertet.
Mal angenommen, so etwas gibt es noch nicht: Fürchtest Du nicht, dass Du Politik, Militär und Wissenschaft da auf eine Idee bringst?
Nein. Ich glaube, dass die militärische „Intelligenz“ in gewissen Kreisen noch viel weiter geht. Es gibt bestimmt Leute, die sich noch viel perversere Waffensysteme ausdenken. Aber für den Fall, dass ich doch der einzige bin, der so was kann, können die mich ja engagieren. Ich habe noch ein gutes Dutzend solcher Ideen in petto.
Also noch Stoff für weitere Bücher. Gleichzeitig hast Du aber viel Arbeit mit der aktuellen Veröffentlichung. Bleibt dabei überhaupt Zeit, die Geschichte weiterzuerzählen?
Im Moment habe ich dazu keine Zeit, und mein Kopf ist auch gar nicht darauf gerichtet, die Geschichte weiterzuerzählen. Ich habe für „Virenkrieg II“ bereits Skizzen im Umfang eines Romanteils gemacht, aber das war, noch bevor die Veröffentlichung von „Virenkrieg I“ begann. Jetzt heißt es vor allem, den aktuellen Roman bekannt zu machen. Ich freue mich daher über jede Empfehlung, über jeden geteilten Link, über jede Rezension. Das Schönste, was einem Autor passieren kann, ist, wenn die Leute anfangen, über seine Bücher zu reden.
Dann wünsche ich Dir, dass es funktioniert. Zum Schluss noch eine eher private Frage: Glaubst Du, dass Du überhaupt noch mal in die USA reisen kannst, wenn das Buch bekannt ist? 🙂
Wer weiß? Dem Kollegen Ilija Trojanow ist wegen Kritik an US-Geheimdiensten in diesem Jahr die Einreise in die USA verweigert worden. Er wollte zu einem Germanistenkongress. Ich würde die Frage anders stellen: Würde ich denn überhaupt noch in die USA reisen wollen? Ich glaube, ich würde nicht.
„Verehrte Herren, lassen Sie mich nun zum Punkt kommen. Welche Kriterien zeichnen ein echtes Killervirus aus? Ich glaube, es sind vier:
Erstens: Hohes Ansteckungspotenzial. Es kann leicht übertragen werden. Unübertroffen ansteckend ist das Pocken-Virus, aber auch Influenza-Viren wie H5N1 können das gut.
Zweitens: Hohe Sterbequote mit dem Potenzial, selbst das beste Gesundheitssystem zum Zusammenbruch zu bringen. Unübertroffen: das Marburg-Virus mit bis zu 90 Prozent Toten.
Drittens: Mieses Image. Unser Killervirus löst Panik aus und lässt das gesellschaftliche Zusammenleben zum Erliegen kommen.
Viertens: Kein Gegenmittel. Es steht kein Impfstoff zur Verfügung und es kann in der Eile auch keiner hergestellt werden. Im Idealfall sollte es sich also um ein unbekanntes Virus handeln, das noch nicht erforscht werden konnte.
Und damit kommen wir zum Kern dieser Veranstaltung, sehr geehrte Herren, denn ich hätte hier etwas für Sie, hier in diesem kleinen, unscheinbaren Hochsicherheitsbehälter …“
Auszug aus den SCOUT-Protokollen, März 2017
Böse? Das war erst der Anfang. Mehr gibt es –> HIER.
Virenkrieg – Erstes Buch. Ybersinn-Verlag Offenbach. Paperback. Ca. 440 Seiten. 14,90 Euro.
ISBN: 9783981738803.
Ab 10. Juli 2015 in allen Buchhandlungen oder beim Ybersinn-Verlag. Direkt-Bestellung –> HIER.
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ISBN 9783844292503.
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