Ich schreibe gerade einen neuen Roman. Der hölzerne Pharao, die Fortsetzung von Der Osiris-Punkt soll noch 2014 erscheinen. Theo Magenheim, der ehemalige Barkeeper, hat in Ägypten zusammen mit dem Team der Carnavaughn-Stiftung herausragende Entdeckungen gemacht. Doch während er sich noch in seine neue Rolle als Weltstar hineinzufinden versucht, braut sich Unheil zusammen: Bernard Tedritov, ein hoher ägyptischer Beamter, hat ein kriminelles Netzwerk geschaffen und schickt sich an, Ägyptens antike Schätze für eigene Rechnung zu plündern. Politische Wirren sind ihm dabei nützlich.
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Sethos und ich: Eine Annäherung
Eigentlich ist Theo Magenheim jedoch gar nicht die Hauptfigur meiner „Amduat“-Romane, von denen „Der Osiris-Punkt“ der erste ist. Schon in „Der Osiris-Punkt“ ist er zwar der Hauptakteur — aber wie soll es auch anders sein, wenn die eigentliche, die heimliche Hauptfigur seit 3300 Jahren tot ist? Natürlich muss da ein Lebender ran, um die steingewordenen Ideen dieser Hauptfigur, ohne die es für Theo nichts zu entdecken gäbe, von ägyptischem Sand zu befreien. Und dann ist es auch wirklich verblüffend zu beobachten, welche Wirkung die Schöpfungen dieser eigentlichen Hauptfigur in der Gegenwart zeitigen.
Die Rede ist von Sethos, dem Pharao, der aus mehreren Gründen eine besondere Rolle in der Geschichte des alten Ägyptens spielte — und ebenso in meinem Romanzyklus. Hier rechts ist der Kopf seiner Mumie zu sehen; es ist der wohl am besten erhaltene Mumienkopf überhaupt. Sethos war etwa 44 Jahre alt, als er im Jahr 1279 (v.C.) starb, und hatte Ägypten etwa elf Jahre lang regiert. Meine erste Assoziation beim Betrachten dieses Gesichts ist: Energie. Der Mann verfügte über Durchsetzungsfähigkeit, und zwar nicht zu knapp. Er hatte einen starken Willen, im Positiven wie im Negativen. Wahrscheinlich konnte er gnadenlos stur sein, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Sein Gesicht ist nicht unbedingt das eines Asketen, aber Sethos dürfte Disziplin besessen haben.
Doch solche Assoziationen bergen die Gefahr in sich, in diesem Mann etwas zu sehen, was er vielleicht gar nicht war. Intuition, Inspiration und Fantasie helfen mir nur bedingt weiter, wenn ich mich in Sethos hineinzuversetzen versuche. Vergiss nicht: Dieser Mann hat vor 3300 Jahren gelebt, in völlig anderen Zeiten, und er hat über eine Hochkultur geherrscht, die man nur als fremdartig bezeichnen kann. Das beginnt schon damit, dass Ägyptens zeitliche Grundordnung, sein Kalender, nur drei Jahreszeiten kannte: Achet (Überschwemmung), Peret (Sprießen) und Schemu (Hitze). Neujahr feierten die alten Ägypter gleich zwei Mal, nämlich einmal, wenn es ihnen der Kalender ihrer Verwaltung gebot und zum zweiten Mal dann, wenn der eigentliche Anlass eintrat: wenn Sirius, der Hundsstern, erstmals am Morgenhimmel kurz vor der aufgehenden Sonne gesichtet wurde und die Nilschwemme ankündigte. Nur alle 1452 Jahre fielen beide Neujahrsfeste auf denselben Tag. Belegt ist dies für 1 Achet I (hier: 19. Juni) des Jahres 2755 (v.C.; diesen Zusatz spare ich mir von nun an). Das heißt, dass die Feste auch im Jahr 1303 aufeinandertrafen, dem Jahr, in dem Sethos‘ zweiter Sohn Ramses geboren wurde, der später als Ramses II. Pharao wurde. Sethos selbst war zu diesem Zeitpunkt 20 Jahre alt, ein junger Mann, der sich auf dem Syrien-Feldzug des Pharaos Haremhab soeben militärische Sporen verdiente.
Was die altägyptische Zivilisation so ganz anders macht als andere, das ist der Nil. Mehrere tausend Kilometer Flussoase, umgeben von lebensfeindlicher Wüste. Ein schmaler Streifen Fruchtland wie hier auf dem Luftbild in der Nähe von Luxor in Oberägypten. Das alte Ägypten hing komplett vom Nil und seiner Schwemme ab. Der Nil garantierte das Leben, er diktierte aber auch die Regeln, nach denen es ablief. Blieb die Nilschwemme aus, konnte es trotz allen Reichtums des Landes leicht zu Hungersnöten kommen — je nachdem, wie vorausschauend seine Herrscher gewirtschaftet hatten.
Damit sind wir wieder bei Sethos. War er einer von denen, die vorausschauend regierten? Er war auf jeden Fall selbstbewusst: Das Jahr, in dem er seine Regierung antrat, bezeichnete er als „Wiedergeburt Ägyptens“. So gab er ein starkes Signal dafür, dass nun endlich Schluss sein sollte mit der religiösen Verwirrung, die sein Vorgänger Echnaton 50 Jahre zuvor angerichtet hatte. Unter Echnaton, dem „Ketzerkönig“, der alle ägyptischen Götter entmachtet und dafür Aton, den Sonnengott, auf den Thron gehoben hatte, war Ägypten auf dem absteigenden Ast gewesen; ausgenommen religiöse Fragen hatte Echnaton wenig Lust auf Staatsführung. Doch seine Nachfolger begannen bald die Restauration — zögerlich noch unter Tut-ench-Amun und Eje II, tatkräftiger schon unter Haremhab. Unter ihm und seinem Nachfolger Ramses I., Sethos‘ Vater, und erst recht unter Sethos I. selbst gewann Ägypten sein früheres Format allmählich zurück.
Diesem Mann möchte ich mich in einer Reihe von Artikeln allmählich annähern, begleitend zur Entstehung von „Der hölzerne Pharao“. Ich möchte mich dabei auf der Basis des wissenschaftlich gesicherten Wissens bewegen, wenn ich nach seiner Familie und seiner Herkunft frage, nach der Verfassung, in der sich Ägypten befand, als Sethos Pharao wurde, nach der weltpolitischen Lage und vor allem natürlich nach der Rolle des Gottkönigs selbst. Das heißt, ich möchte den realen Sethos kennenzulernen versuchen, der vor 3300 Jahren einer der mächtigsten Männer der Welt war, und ich möchte daraus meine Schlüsse für den fiktiven Sethos meiner Romane ziehen mit dem Ziel, den fiktiven Sethos so glaubhaft sein zu lassen, dass er auch in der Realität so gehandelt haben könnte wie in meinen Romanen.
Vom fiktiven Sethos gibt es bereits eine Art Charakterzeichnung, wenn man mal alles zusammennimmt, was in „Der Osiris-Punkt“ über ihn gesagt wird. Da ist zunächst natürlich seine Angst vor Plünderung seines Grabes und Schändung seiner Mumie. Sethos war nicht der einzige Pharao, der sich die Frage stellte: Wie kann meine Mumie vor Grabräubern in Sicherheit sein? Leser von „Der Osiris-Punkt“ wissen, was der fiktive Sethos sich zu diesem Punkt hat einfallen lassen. Meine Leser wissen auch, dass Sethos Getreue hatte, denen er offenbar vertraute — Pashedu, den Baumeister seiner Gräber, Pentu, den Wesir, der auch drei Jahre nach seinem Tod noch den Totenkult am Tempel von Abydos sicherte, und Paser, dessen Sohn. Diese drei Männer tauchen in verschiedenen Zusammenhängen im „Osiris-Punkt“ auf. Pashedu ist einerseits — im Roman — der Autor des fiktiven „Sethos-Papyrus'“. Ein Mann namens Pashedu war andererseits tatsächlich Höfling, Architekt und Aufseher über die Bauarbeiten am Sethos-Grab im Tal der Könige. Sein Grab befindet sich bei Deir el-Medina in West-Theben und enthält wundervolle, teils sehr persönliche bildliche Darstellungen wie die hier rechts von Pashedu, der im Schatten einer Palme aus dem Fluss trinkt.
Der Sethos meiner Romane hat sich viele Gedanken über sein Leben nach dem Tod gemacht, und da liegt es nahe, dass er sich mindestens ebenso viele Gedanken über die Lebenden gemacht hat. Im „Osiris-Punkt“ führt Theo den Archäologen Bill Sheridan und den englischen Jungadligen Charles Carnavaughn durch den Sethos-Tempel von Abydos, und es werden Spekulationen laut über das Verhältnis, das Sethos zu den Amun-Priestern von Karnak pflegte. Das ist eine Frage, die mich interessiert: Hat Sethos tatsächlich schon früh erkannt, welche Gefahr für Ägypten in Karnak entstand? Und wenn ja — wie versuchte er, in einem zweifellos schwierigen Umfeld gegenzusteuern?
Ich freue mich auf diese Erkundungstour!
Die Artikel erscheinen in lockerer Folge.
Der Osiris-Punkt
Die mächtigen, beleuchteten Kolonnaden des Sethos-Tempels schienen nur einen Steinwurf weit entfernt. Mitten aus dem Ort erhob sich das alte Bauwerk, doch es war früher hier gewesen als jedes Haus in Abydos, früher als Islam und Christentum, und entsprechend selbstbewusst und schweigend ragte es aus damaliger Zeit in die Gegenwart hinein …
Packendes Wüstenabenteuer um einen sagenhaften Pharaonenschatz und um Menschen, die auf der Suche nach sich selbst sind. Kenntnisreich und spannend erzählt. Nur als E-Book!
Der Osiris-Punkt. Lutz Büge. E-Book. Ca. 624 Seiten. ISBN 9783844285673. Preis der Komplettversion: 9,99 Euro. Dreiteilige Version in der Kindle-Edition bei Amazon (Teil 1, 2, 3).
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