Après-ski, Après-sun, Après-dies, Après-das — diese Liste ist beliebig fortfyhrbar. Es gibt nichts, dem nicht ein Après folgt. Selbst Après-Weltuntergang ist doch recht wahrscheinlich, auch wenn es keine Menschen mehr gibt, ihn zu feiern. Daraus folgt ziemlich zwingend: Auch meinem Roman „Der Osiris-Punkt“ dyrfte etwas folgen. Kleine Kostprobe gefällig? Rate, worum es sich handelt.
Vorgeschmack aus der härtesten Stadt Hessens
Sie
Es hatte ein wenig geschneit. Sie ahnte es durch die Gardine, durch das schmutzige, fast blinde Fenster. Klebrig und nass lag der Schnee auf den schweren, schwarzen Zweigen der Kiefer vor dem Fenster und glitzerte nicht. Sie erinnerte sich an eine Berührung von Schnee, auch im Gesicht, kalt und weich. Sie war herumgelaufen im Garten und hatte nach den herabtaumelnden Flocken geschlagen, und dann war sie ganz nass gewesen.
Sie musste Therese beim nächsten Mal sagen, dass sie das Fenster putzen sollte. Dann könnte sie die Schneeflocken besser sehen, auch wenn es im Zimmer dunkel war, so wie jetzt. Draußen gab es Licht. An der Straße stand eine Laterne, und sie erinnerte sich daran, wie Schneeflocken im Laternenlicht glitzern konnten. Sie schloss die Augen und stellte sich vor, wie Schneeflocken über ihrem Bett tanzten und wirbelten und wie sie dabei fröhlich funkelten.
Die Tür wurde geöffnet. Sie schlug die Augen auf, und vor dem matten Licht aus dem Flur sah sie seine untersetzte Gestalt. In einer Hand hielt er eine Kerze in einem der Messingständer aus der Vitrine. Damit das Licht nicht zu sehr flackerte, schützte er es mit der Hand gegen den Luftzug, so dass der gelbliche Schein fast allein auf sein großes, flaches Gesicht fiel.
„Ich bin wieder da“, sagte er. Es klang müde.
Sie zog die Decke bis an ihre Nasenspitze. Wenn er müde war, redete er nicht viel. Sie mochte es nicht, wenn er redete, aber noch weniger mochte sie, wenn er nicht redete. Sie fühlte sich dann immer wie gefangen in seinem Schweigen. Es war, als würde er sie zwingen, sich zu fragen, was in ihm vorging. Sie wollte jedoch nicht wissen, was in ihm vorging. Was er sagte, ängstigte sie schon genug.
Er stellte die Kerze auf den Tisch und legte eine Säge daneben. Dann setzte er sich neben sie auf die Bettkante.
„Wir sollten es jetzt tun“, sagte er. Sie erzitterte, als sie in seine großen, dunklen Augen blickte. Sein Atem roch nach Schnaps, er hüllte sie ein wie eine Wolke.
„Wir haben darüber gesprochen“, fuhr er fort. „Wir alle müssen Opfer bringen. So sind die Zeiten.“
„Die Zeiten?“, fragte sie unter der Decke hervor.
„Das verstehst du nicht“, gab er dumpf zurück und kiekste ein bisschen, dass es fast nach Esel klang. Das machte er immer, wenn er etwas lustig fand, und das ärgerte sie. Sie war kein kleines Kind mehr! Sie knurrte unter der Decke.
„Es war ein harter Tag“, sagte er. „Hart, aber effizient.“
Sie mochte dieses Wort nicht.
Er griff nach ihrer schmerzenden Hand, zog sie zu sich heran, legte sie auf sein Knie und streichelte sie.
„Sind wir effizient, mein Schatz?“, fragte er mit diesem Ton in der Stimme, mit diesem Lauern, das sie davor warnte, etwas Falsches zu sagen.
„Ich finde schon“, antwortete sie trotzdem und versuchte, ihre Hand wegzuziehen, aber er hielt sie fest.
„Da ist ein Ring an dem Finger“, sagte sie schnell, bevor er böse werden konnte. Er mochte es nicht, wenn sie sich ihm zu entziehen versuchte. „Ich mag ihn sehr, aber ich schenke ihn dir gern.“
„Was soll ich mit einem Ring?“, erwiderte er mit gesenkter Stimme. „Wir werden ihn einfach an die andere Hand tun, dann kannst die ihn immer ansehen, wenn dir danach ist. Wir haben darüber gesprochen, weißt du noch?“
„Worüber haben wir gesprochen?“
„Dass wir alle Opfer bringen müssen, mein Schatz. Auch du. Es geht doch nicht, dass wir alle Opfer bringen müssen, nur du nicht.“
„Nein, das geht nicht“, murmelte sie, aber mit der freien Hand zog sie die Decke noch etwas über ihre Nase hinweg. Sie traute sich kaum, ihm ins Gesicht zu sehen.
Er antwortete nicht gleich, sondern streichelte ihre Hand in seinen Händen, als vergäße er dabei die Zeit. Er schien nur vor sich hinzustarren. Da war ein Zucken in seinem flachen Gesicht, während er streichelte, und es wurde ihr angst und bange.
„Wir sollten es jetzt tun“, sagte er abrupt, als erwache er, und küsste ihre Hand. „Dann wird alles gut.“
„Versprichst du mir das?“
„Ja. Wir sind dann effizienter. Das ist das Gebot der Stunde.“
Er hielt ihre Hand fest und griff nach der Säge.
Sie erkannte die Säge mit den rostigen Zähnen aus dem Kohlenkeller, und da schrie sie.
***
Soweit der Prolog meines geplanten Romans. Er hat noch keinen Titel. Ich weiß noch nicht, wann er bereit zur Veröffentlichung ist. Ich weiß nur eines: Es wird ybel!