Leseprobe aus „Der hölzerne Pharao“

Bald ist es soweit: In etwa vier Monaten geht Theos Abenteuer in Ägypten weiter! Im Roman Der Osiris-Punkt (rechts) wurde Theo zum Entdecker und fand einen Schatz aus dem alten Ägypten, wie er seit fast hundert Jahren nicht mehr gefunden worden ist. Doch diese sensationelle Entdeckung wirft viele Fragen auf. Nun ist es an der Zeit, Theo wieder auf die Reise zu schicken, denn Der hölzerne Pharao gibt seine Rätsel preis und sorgt für Überraschungen. Zugleich schmiedet der korrupte und verbrecherische Bernard Tedritov im Hintergrund Pläne, um Theo aufzuhalten …
Hier kommt als kleine Leseprobe ein Ausschnitt vom Anfang von Der hölzerne Pharao. Der Roman ist Teil 2 des Amduat-Zyklus‘.

Mehr über Der Osiris-Punkt: –> HIER.

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1. Kapitel

3. April 2014, 3 Uhr
Carnavaughn House
Luxor, Oberägypten

Theo wusste, dass er träumte. Er wollte aufwachen, er wollte nicht in diesem Korridor sein. Dort war es eng und heiß, er schwitzte fürchterlich, und seine Kehle brannte vor Durst, doch er konnte nicht fort, er konnte nicht aufwachen. Was aber das Schlimmste war: Der Korridor war in bröseligen Schiefer geschlagen und drohte einzustürzen, und seine Wände wollten Theo zerquetschen. Immer näher kamen sie. Theo hatte die Arme zu beiden Seiten ausgestreckt und die Hände gegen die Wände gestemmt, doch was war sein bisschen Muskelkraft gegen die dumpfe Wucht eines ganzen Gebirges? Es war ein aussichtsloser Kampf. Und wie sollte er außerdem auch noch die Decke des Korridors abstützen? Er hatte nur zwei Arme und zwei Hände.

Serafina und Mohammed waren bei ihm, hinter ihm, er konnte nicht sehen, was sie machten. Er hätte die Arme senken müssen, um sich zu ihnen umdrehen zu können, denn einfach seinen Kopf zu drehen, das funktionierte nicht. Seine Blicke waren wie an den Boden vor seinen Stiefelspitzen genagelt, so wie seine Hände an den Fels genagelt waren. Er konnte sie nicht losreißen. Dabei hatte er das beängstigende Gefühl, dass es wichtig wäre, jetzt, gerade jetzt den Kopf zu heben und einen Blick in den Korridor jenseits der Stiefelspitzen zu werfen, denn irgendetwas war dort. Dort war es finster, sehr finster.

Wahrscheinlich räumten Serafina und Mohammed Gestein beiseite, um noch tiefer in den Korridor vorzudringen. Sie waren wie besessen von dieser Idee, sie wollten immer tiefer hinein, als wüssten sie nicht, dass es dort noch enger und gefährlicher sein würde als hier. Das war nicht der richtige Weg. Einen anderen Weg allerdings gab es nicht, es gab nur den Ort, an dem sie jetzt waren, und den, woher sie gekommen waren, aber weder konnten sie hier weg, noch konnten sie dorthin zurück. Dort war die Gefahr noch größer, dort lauerte der Schatten. Finster war es dort, und in der Dunkelheit bewegte sich etwas, was noch finsterer war als die Finsternis. Etwas, vor dem man weglaufen musste. Es kam gerade den Korridor entlang, es war ihm gefolgt und kam auf ihn zu. Ein Eishauch ging von ihm aus, der die Hitze im Korridor unterwanderte und langsam an Theo herauf kroch.

Serafina und Mohammed redeten hinter ihm miteinander, er konnte sie raunen hören. So hatten sie schon immer geredet, als wollten sie nicht, dass er verstand, was sie sagten, aber er war nicht taub.

„Weg hier, fort von hier, weg von hier, fort hier“, so redeten sie die ganze Zeit, während sie sich in den Korridor voran zu arbeiten versuchten; dabei kamen sie keinen Millimeter vorwärts. Das wusste Theo, ohne es sehen zu müssen.

Seine Arme zitterten, und eine unsägliche Angst nahm ihm den Atem, als schlösse sich eine eisige Riesenfaust um seinen Hals. Was war das, was da durch den Korridor auf ihn zukam?

Aufwachen! Ich muss aufwachen!

Es kam näher, immer näher, und Serafina und Mohammed raunten immer hastiger, aber sie hatten keine Chance.

„Fort, nur fort von hier, weg, fort mit uns, weg von hier.“

Theo keuchte und rang um Atem. Er fühlte die Nähe von etwas Entsetzlichem. Er musste weg von hier. Aber wenn er jetzt den Kampf aufgab, würde der Korridor zusammenbrechen und sie verschütten. Hatte er denn eine Wahl?

Man hat immer eine Wahl!

Nein, in diesem Fall nicht. Es war aussichtslos. Es war ein Traum, aber es war echt.

„Fort von hier, weg mit uns …“

Inzwischen konnte er Serafina und Mohammed klar und deutlich hören. Sie raunten nicht mehr, sie riefen, nein, sie schrien. Ihnen blieb keine Zeit mehr. Das Grauenhafte war gleich da. Namenlose Furcht packte Theo. Wenn er jetzt den Kopf heben würde, könnte er es vielleicht sehen, aber er konnte seine Blicke immer noch nicht vom Boden lösen. Er fühlte es jetzt so stark, dass seine Brust weh tat.

„Weg von hier!“, brüllten Serafina und Mohammed, und von Panik übermannt löste Theo seine Hände von den Wänden des Korridors und wollte sich zu seinen Freunden umdrehen …

… und saß im nächsten Moment in der Dunkelheit. Sein Herz klopfte bis zum Hals, er schnappte nach Luft, sein Körper war schweißüberströmt.

Wo bin ich?

In seiner Panik tastete er mit den Händen umher und wunderte sich, dass er weiche Bettlaken fühlte und keine staubigen, bröselnden Wände. Er hörte ein leises Schnarchen in seiner Nähe, und dort hinten war ein großes Rechteck, von dem eine gewisse Helligkeit ausging.

Dann ertastete er etwas Warmes, Weiches.

Eine nackte menschliche Schulter.

Sonja!

Ich habe nur geträumt!

Er erinnerte sich, dass er dies sogar während des Traums gewusst hatte. Langsam, ganz langsam nur stellte sich das Bewusstsein für die Wirklichkeit wieder ein, und das namenlose Grauen, das durch den Korridor auf ihn zugekommen war, kroch widerstrebend von ihm fort. Doch Theos Haare sträubten sich noch immer.

„Was ist denn los?“, nuschelte Sonja, von der Berührung ihrer Schulter geweckt.

„Nur ein Traum“, antwortete er sanft und leise, so gelassen er konnte, und zog die Hand von ihr weg, um sie nicht vollends aufzuwecken. „Ein schlechter Traum.“

„Ach so“, nuschelte Sonja und schnarchte im nächsten Moment schon wieder dieses leise Schnarchen, das er inzwischen vermisste, wenn sie nicht bei ihm schlafen konnte.

Theo hauchte in der Dunkelheit einen Kuss auf ihre Schulter und stand dann vorsichtig auf. Nach einigem Tasten fand er seine Shorts, streifte sie über und wankte durch das dunkle Zimmer auf das helle Rechteck zu. Inzwischen wusste er wieder, wo er sich befand. Das Rechteck war ein Fenster mit geschlossenen Vorhängen – und zugleich die Tür zum Balkon auf der Rückseite von Carnavaughn House im Obergeschoss über der Veranda.

Theo zog leise den Vorhang beiseite, öffnete vorsichtig die Tür und trat hinaus in die Nacht. Erleichtert atmete er die kühle, wüstenhafte Nachtluft ein. Er lief Gefahr, sich zu erkälten, denn er war verschwitzt, und die Temperatur der Luft lag sicher nicht über zehn Grad, doch das war ihm im Moment gleichgültig. Ihm war immer noch heiß von der Hitze und der klaustrophobischen Enge im Korridor. Immerhin ließ der Eindruck von Atemnot rasch nach, als nun die kühle, wohlriechende Nachtluft in seine Lunge strömte. Die Weite des Nachthimmels, die Kälte und das kühle, distanzierte Glitzern der Sterne taten ihm gut.

Ägypten …

Der rotbraune Mond stand tief im Westen über den Hügeln des Jenseits und über den Gräbern der alten Ägypterkönige in ihrem Friedhofstal, und Luxor lag schlafend da. Selbst der paradiesische Garten von Carnavaughn House, der sich vor Theo ausbreitete, war jetzt still, ja, selbst die Grillen schliefen.

Theodor Magenheim, was hast du da für einen Scheiß geträumt! Komm runter! Dieses Zeug liegt komplett hinter dir…

Er beruhigte sich allmählich.

Wie aus einem anderen Leben …

Der Gedanke gefiel ihm. Ja, Korridor K und alles, was dort geschehen war, lag weit, weit hinter ihm. So weit, dass er kaum noch daran gedacht hatte. Es hatte für ihn wahrlich genug zu tun gegeben seit der Entdeckung der Felsenhalle mit dem unberührten Sarkophag darin, so dass es ihm leichtgefallen war zu verdrängen, unter welchen Gefahren er in die Felsenhalle gelangt war.

Das hätte auch schiefgehen können. Wenn Tedritov die Handgranate geworfen hätte …

Wieder sträubten sich ihm die Haare, und er blickte rasch über die Schulter in das dunkle Zimmer, doch dort war nur Sonjas leises Schnarchen.

Denk an etwas Schönes, Theo!

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Der Osiris-Punkt

Die mächtigen, beleuchteten Kolonnaden des Sethos-Tempels schienen nur einen Steinwurf weit entfernt. Mitten aus dem Ort erhob sich das alte Bauwerk, doch es war früher hier gewesen als jedes Haus in Abydos, früher als Islam und Christentum, und entsprechend selbstbewusst und schweigend ragte es aus damaliger Zeit in die Gegenwart hinein …

Packendes Wüstenabenteuer um einen sagenhaften Pharaonenschatz und um Menschen, die auf der Suche nach sich selbst sind. Kenntnisreich und spannend erzählt. Nur als E-Book!

Der Osiris-Punkt. Lutz Büge. E-Book. Ca. 624 Seiten. ISBN 9783844285673. Preis der Komplettversion: 9,99 Euro. Dreiteilige Version in der Kindle-Edition bei Amazon (Teil 1, 2, 3).
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