Mein Mecki hat immer noch alle seine Zähne

Jetzt wird aufgeräumt!
Was sich über Jahrzehnte in unseren Regalen und Schubladen,
in Kellern und Abseiten angesammelt hat, soll endlich weg.
Doch mit vielem verbinden sich Erinnerungen.
Die wollen wir natürlich nicht wegwerfen.
Die Bilderserie Aufräumen dokumentiert diese Erinnerungen
als Geschichten mitten aus dem Leben.

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Mein Mecki hatte niemals Zecken

von Edith Matejka

Die Zeit mit Plüschtieren zu spielen, ist lange vorbei für mich. Die Freude daran und die Erinnerungen sind wachgeblieben, als Kind habe ich ihn geliebt, und zu meinem großem Bedauern hat Mecki keine Familie gegründet und ist allein geblieben, obwohl es in den Spielzeugabteilungen Frau und Kinder gab. Er hat mich bei allen Umzügen – auch nach Afrika – treu begleitet, sein Platz war zwar immer nur in einer Schublade, die selten aufgemacht wurde, aber er war dabei. Zwölf Jahre tropisches Klima haben ihm zugesetzt und den Alterungsprozess eingeleitet. Er hat Runzeln, Falten, die Haut blättert ab, hat sich verfärbt, aber sein Ausdruck bleibt verschmitzt, sein Haarwuchs ist immer noch dicht und seine Zähne dürften auch noch alle vorhanden sein. Laut Tante Wiki können es bis vierundvierzig Stück sein. Seine Kleidung ist nicht von Motten befallen, und Zecken, wie die echten Gartenigel, hat er auch nicht. Die Sympathie meiner Enkelkinder konnte er nicht erwecken.  Vielleicht wäre es anders gekommen, wenn sie die spannenden Abenteuer von Mecki und seinem Freund Lurchi gelesen hätten, die mich in den Bann gezogen haben. Ich hatte das große Glück einen Onkel zu haben, der Schuhhändler war, was bei Familienbesuchen bedeutete, dass man freien Zugang zu den grünen Komikheftchen hatte, die im Geschäft unter dem Tresen lagen, und keine Ausgabe verpasste.

In Frankreich sind Igel das Emblem der Landfahrer und Schausteller. Ein Freizeitpark ist den Stacheltieren zu Ehren Nigloland  benannt. Eine spezialisierte Website verkauft zahlreiche Produkte wie Schmuck, Lederwaren, Bekleidung, Einrichtungsgegenstände, Aschenbecher usw. mit dem Niglo-Emblem, aber so was Schönes wie mein Mecki ist nicht dabei!

Igel sehe ich in meinem Garten häufig, im Sommer ist es eine ganze Familie, die sich laut schmatzend  das Katzenfutter schmecken lässt. Mindestens einer überwintert auch bei uns, und wir haben schon sehr kleine Igel gefunden, die allerdings meistens trotz unserer Pflegeversuche den starken Zeckenbefall am ganzen Körper nicht überlebt haben.

Richtige Feuersalamander wie Lurchi sind mir dagegen jahrzehntelang nicht mehr begegnet. Eigentlich kann ich mich nicht erinnern, ob es überhaupt je vorgekommen ist. An einem Maisonntag vor Jahren konnte ich einen beobachten, er saß unbeweglich zwischen Steinen in einem dunklen, feuchten Gewölbe der romanischen Klosterruine Abbaye Notre Dame et Saint Benoît in Nanteuil-en-Vallée (Charente). Die drei oder vier anderen Besucher des Gewölbes schenkten ihm trotz meiner begeisterten Hinweise kein Interesse. Mich hat die Begegnung sehr berührt und den Tag auch deswegen unvergesslich gemacht.

PS: Mecki wird nach Entstaubung und Auffrischung der Frisur (leider war der Fototermin schon vorbei) in seine Schublade zurückkehren. Eine Meldung, um ihn abzuholen, wäre sinnlos.

Edith Matejka, geboren 1953 in Karlsruhe, hat zwei Söhne und fünf Enkelkinder und lebt mit ihrem Mann Guy, einem emeritierten Chemie-Professor, im südwestfranzösischen Limoges. Nach dem Abitur in Karlsruhe studierte sie in Freiburg Romanistik und Germanistik. 1974 ging sie für vier Jahre nach Marokko, danach für zwölf Jahre nach Togo. Ab 1990 arbeitet sie als Sprachlehrerin in Limoges. Edith war unter anderem für die Industrie- und Handelskammer und die Universität  Limoges tätig,  ist jetzt als Übersetzerin und vereidigte Dolmetscherin aktiv und engagiert sich für die Weiterbildung und Wahrnehmung der Interessen ihrer Berufskollegen.

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Über „Aufräumen“

 

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