Die Bedeutung der Gründung Israels für den Islamismus

Virenkrieg

Roman-Zyklus von Lutz Büge

Evan – Virenkrieg IV

Biowaffen, Geheimorganisationen
und einsame Entscheidungen –
die Menschheit am Rand ihrer Auslöschung.

„Willkommen in einer Welt, in der es keine saubere Trennung
mehr gibt zwischen Gut und Böse, richtig und falsch.“

Frankfurter Rundschau

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Die Bedeutung der Gründung Israels für den Islamismus

Weltweit erstarkt derzeit der Antisemitismus. Das macht eine Analyse zur Bedeutung der Staatsgründung Israels für islamischen Fundamentalismus zum Balanceakt. Im Islamismus steckt immer auch eine gehörige Portion Antisemitismus. Die Staatsgründung Israels ist nicht die Ursache für diesen Antisemitismus, der viel älter und in vielen Kulturen tief verwurzelt ist, hat ihm aber einen Fokus gegeben: Statt gegen eine in der Diaspora versprengte Religionsgemeinschaft konnte er sich seit dem 14. Mai 1948, dem Tag der offiziellen Gründung, gegen ein Land, einen Staat richten. Von nun an gab es eine Zielscheibe – und sofort den ersten Krieg, der zwar bereits mit Verabschiedung des UN-Teilungsplans am 29. November 1947 eingesetzt hatte, der zunächst jedoch nur zwischen Milizen beider Seiten ausgetragen worden war. Nun aber griffen die arabischen Nachbarn an. Israel wusste sich zu behaupten.

Virenkrieg-Autor Lutz Büge
schreibt auf Ybersinn.de über
die Hintergründe seines Romanzyklus.

Die Gründung des modernen Staates Israels ist ein  komplexer historischer Vorgang, der eine Jahrzehnte zurückreichende Vorgeschichte hat, und es gibt viele Protagonisten, darunter auch die Mandats- und Kolonialmacht Großbritannien, die seit langem in die Entwicklungen im Nahen Osten verstrickt war und für das Erstarken von Islamismus mitverantwortlich ist. Der moderne Begriff vom Selbstbestimmungsrecht der Völker, der heute eines der Grundrechte des Völkerrechts ist, existierte in dieser Form nach dem Zweiten Weltkrieg noch nicht (es gilt erst seit 1966 universell), und so verfuhren die Kolonialmächte weiterhin, wie sie es aus früheren Zeiten gewohnt waren: mehr oder weniger nach Gutsherrenart. Wie das geht, habe ich schon am Beispiel des Sykes-Picot-Geheimabkommens gezeigt, in dem Briten und Franzosen den Nahen Osten nach dem Ersten Weltkrieg untereinander aufteilten und das für die Menschen in der Region vor allem eines bedeutete: dass über ihre Köpfe hinweg regiert wurde. Mit anderen Worten: Das Abkommen stellte eine Demütigung für die Menschen in der Region dar.

In diesem Duktus ging es nach dem Zweiten Weltkrieg weiter, mit der Gründung des Staates Israel, nun auf Initiative der Weltgemeinschaft in Gestalt der noch jungen Vereinten Nationen. Vor allem Großbritannien suchte nach Lösungen für die Probleme, die der jüdische Unabhängigkeitskampf der Kolonialmacht in Palästina bereitete. Ständig gab es Anschläge durch jüdische Terroristen der Untergrundorganisation Irgun, zu denen der spätere Premierminister Menachem Begin gehörte. Sie verstanden sich selbst als Unabhängigkeitskämpfer, griffen aber zu Mitteln, die Terroristen bis heute anwenden, zum Beispiel Bombenanschlägen wie dem auf das König-David-Hotel in Jerusalem vom 22. Juli 1946, das dort stationierten Briten galt, aber überwiegend Zivilisten traf und mehr als 90 Todesopfer forderte. Geschichten wie diese im Hinterkopf, zucke ich jedes Mal zusammen, wenn Politiker irgendwo auf der Welt, egal wo, Terrortaten verurteilen. Ob da nicht vielleicht irgendjemand „nur“ einen Unabhängigkeitskampf führt, so wie die Juden damals? Jemand, der keine Rücksicht auf Opfer unter Unschuldigen nimmt.

Die Gründung des Staates Israel bedeutete für die arabisch-islamische Welt und insbesondere für die Palästinenser eine erneute tiefe Demütigung durch die Kolonialmacht. Weitere Demütigungen durch die in Kriegen siegreichen Israelis schlossen sich an. Die Gründung ging einher mit Vertreibung der ortsansässigen Bevölkerung. Die Palästinenser sprechen von der „Nakba“. Das Wort bedeutet „Katastrophe“ oder „Unglück“. Die Palästinenser bezeichnen damit Flucht und Vertreibung von rund 700.000 Menschen aus dem Mandatsgebiet Palästina, und sie gedenken der Nakba bis heute am 15. Mai, dem Tag nach der Unabhängigkeitserklärung Israels. Was für die Israelis ein freudiger historischer Moment war, auf den Juden weltweit seit Jahrzehnten hingearbeitet hatten, war für die Palästinenser im betroffenen Gebiet der Tag der größten denkbaren Demütigung – ein traumatisches Erlebnis.

Daraus entstand politisch motivierter Terror, der mit dem islamistischen Terror unserer Zeit wenig zu tun hat. Der Terror der 1970er Jahre ist erkennbar etwas völlig anderes als der religiös verbrämte Terror, mit dem heutige Islamisten auf einer Art Selbstfindungstrip sind, den sie Dschihad nennen. Die meisten arabischen Staaten arrangierten sich mit dem ungeliebten Nachbarn, schlossen sogar Frieden mit ihm, etwa Ägypten im Jahr 1979 unter Anwar al-Sadat. Doch diese Arrangements trugen den arabischen Herrschen bei ihren Bevölkerungen keineswegs nur Sympathien ein. Gerade in Ägypten führte dies zum weiteren Erstarken der Muslimbruderschaft, einer Organisation fundamentalistischer Muslime, aus deren Umfeld heraus Sadat 1981 ermordet wurde.

Israel war also von Anfang an mit großem Hass aus der arabisch-islamischen Welt konfrontiert. Es behauptete sich gegen diesen Hass, führte den Arabern ihre Ohnmacht vor und erzeugte so weiteren Hass. Das ist bis heute einer der Gründe dafür, dass es im Nahen Osten unmöglich erscheint, Kompromisse oder gar Friedenslösungen zu finden. Der Staat Israel trägt daran Mitverantwortung, obwohl er keine andere Wahl hatte, als seine Existenz zu verteidigen. Es gab versöhnliche Momente wie etwa den des Friedens von Camp David (siehe Bild: US-Präsident Jimmy Carter mit Menachem Begin und Anwar al-Sadat nach der Vertragsunterzeichnung am 27. März 1979) oder der Annäherung zwischen dem Palästinenserführer Yassir Arafat und dem israelischen Premier Jitzchak Rabin. Letztere führte der ganzen Welt allerdings nochmals vor Augen, wie sehr manche Menschen in dieser Weltgegend von Hass aufgestachelt sind: Rabin wurde 1995 durch den rechtsextremen Juden Jigal Amir erschossen.

Der Nahostkonflikt gilt als Gordischer Knoten der Weltpolitik, also als unentwirrbar, und die Existenz des Staates Israel ist für viele fundamentalistische Muslime weiterhin ein rotes Tuch. Der Hass auf Israel, der aus dem Hass auf die Mandatsmächte entstand und zu dem der Hass auf die Schutzmacht USA hinzukommt, ist eine der Triebfedern des islamistischen Terrors, wie wir ihn heutzutage erleben. Das ist nicht zuletzt der Politik insbesondere der Briten der 1940er Nachkriegsjahre zu verdanken, die sich nicht um Verständigung und Kompromisse mit den Menschen im Nahen Osten geschert hat, sondern die sich einfach nur eines lästigen Problems entledigen wollte: des jüdischen Terrors. Daraus erwuchs neuer Terror. Die gegenwärtige Regierung des Staates Israel führt diese Politik der Kompromisslosigkeit fort. Es steht zu befürchten, dass auch hieraus nichts Gutes erwachsen wird. Erst recht nicht Frieden.

Nächste Woche: Das Islam-Interview mit McWeir hat einen realen Hintergrund

Das Virenkrieg-Finale – Eine Übersicht

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