Virenkrieg
Roman-Zyklus von Lutz Büge
Incubus – Virenkrieg III
Biowaffen, Geheimorganisationen
und einsame Entscheidungen –
die Menschheit am Rand ihrer Auslöschung.
„Willkommen in einer Welt, in der es keine saubere Trennung
mehr gibt zwischen Gut und Böse, richtig und falsch.“
Frankfurter Rundschau
.
Skylla & Charybdis – Eine fiktive Biowaffe im Virenkrieg-Zyklus
Biowaffen sind Massenvernichtungswaffen, die nach der Freisetzung nicht mehr kontrollierbar sind. Sie haben Risiken auch für den, der sie loslässt. Doch nun kommt die Genetik ins Spiel. Sie ist heutzutage in der Lage, beliebig in das Erbgut einzugreifen. Gensequenzierungen – die Analyse der Gen-Abfolge im Bakterien- oder Viren-Erbgut – sind längst Routine. Bakterien und Viren haben normalerweise eine überschaubare Zahl an Erbinformationen. Zwar weiß man noch immer nicht von allen Genen, welchen Zweck sie haben, aber viele sind inzwischen gut verstanden. Vor allem aber stehen mittlerweile präzise Schneidewerkzeuge zur Verfügung, um Veränderungen am Erbgut vorzunehmen – beim Menschen ebenso wie bei Bakterien und Viren. Damit entstehen Möglichkeiten, die Rahmenbedingungen des Einsatzes von Biowaffen zu verändern. Wie das gehen könnte, darauf komme ich in ein paar Monaten zurück.
Virenkrieg-Autor Lutz Büge
schreibt auf Ybersinn.de
über die Hintergründe seines
Romanzyklus und erläutert
Zusammenhänge mit
der realen Gegenwart.
Die Genetik kann noch mehr. Mit ihrer Hilfe könnte es gelingen, Biowaffen zu konstruieren, die das genaue Gegenteil von Massenvernichtungswaffen sind, die nur auf einen einzigen Menschen zielen, den man umbringen will. Eine solche Biowaffe würde das politische Attentat revolutionieren. Man bräuchte keinen Scharfschützen in der Nähe des Anschlagsortes, der womöglich erwischt wird. Man müsste lediglich ein Virus platzieren.
Aber wie soll verhindert werden, dass dieses Virus andere Menschen, die sich in der Nähe des Ziels befinden, gleich mit umbringt? Viren machen keinen Unterschied zwischen ihren Opfern. Für sie sind die Infizierten lediglich Haufen von Zellen, die sie umprogrammieren, auf dass diese Zellen solange neue Virus-Partikel herstellen, bis sie an dieser Anstrengung zugrunde gehen. Eine solche Biowaffe müsste also in die Lage versetzt werden, ihr Opfer zu „erkennen“. Dafür müsste das Opfer markiert sein. Doch Viren haben keine Sinne, sondern lediglich chemische Rezeptoren. Durch sie „erkennen“ sie, welche Wirtszellen lohnend sein könnten. Dabei spielen häufig Moleküle auf den Membranen der Wirtszellen eine Rolle, an denen Viren andocken. Alle Zellen menschlicher Körper haben solche Oberflächenmarker.
Nun kommt das berühmte „Schlüssel-Schloss-Prinzip“ ins Spiel. Ein Schlüssel kann nur jenes Schloss öffnen, für das er gemacht wurde. Wenn es gelänge, ein Opfer – und zwar nur dieses eine Opfer! – mit einem Schloss zu versehen, für welches das Killervirus den Schlüssel hat, dann wird das Virus nur dieses Opfer töten und alle anderen Menschen in der Umgebung, die das Schloss nicht haben, unbeschadet lassen. Niemand wird auf die Idee kommen, dass der Todesfall in Wirklichkeit ein Attentat war. Man könnte es zum Beispiel wie einen Herzinfarkt aussehen lassen.
Einer „Aeneas“-Ausgabe aus dem Jahr 1900 (Verlag Blackie & Son)
war diese Karte der Reisen des Aeneas beigefügt,
die auch die Position von Skylla & Charybdis zeigt.
Das ist das Funktionsprinzip von Skylla & Charybdis, einer Biowaffe aus dem Virenkrieg-Zyklus, die das Gegenteil einer Massenvernichtungswaffe ist. Mit den namengebenden, alles verschlingenden Meeresungeheuern aus Homers Odyssee haben diese Skylla und diese Charybdis allerdings nichts zu tun. Charybdis ist ein harmloses Bakterium und verursacht eine leichte Erkältung. Insgeheim tut Charybdis aber noch etwas, worauf von außen nichts hindeutet: Es manipuliert die Herzzellen des Opfers, so dass sie ein bestimmtes Markermolekül auf ihren Membranen präsentieren. Es markiert sie. Dieses Markermolekül entspricht dem Schloss, das Skylla „erkennt“. Hier wird das Killervirus andocken, die Herzzelle infizieren und alles weitere tun, was zum vorgesehenen schnellen Tod des Opfers führt. An Zellen, die den Marker nicht haben, ist Skylla hingegen nicht interessiert. Skylla kann sie nicht infizieren. Die Menschen in der Umgebung überleben also.
Diese Zwei-Komponenten-Biowaffe hätte aus der Perspektive derjenigen, die so etwas planen, diverse Vorteile. Der wichtigste: Es muss kein Attentäter vor Ort sein. Der Ort des Attentats ist beliebig. Es kann wie in Skylla – Virenkrieg II ein Rednerpult bei einem öffentlichen Auftritt sein, aber ebenso ist es möglich, das Attentat wie einen Sportunfall beim Paddeln auf dem Winooski River aussehen zu lassen. Es genügt, dass das markierte Opfer im geplanten Augenblick irgendetwas anfasst, was Skylla-Viren an sich hat.
Diese Idee für ein maßgeschneidertes Biowaffensystem ist natürlich krank. Ich hätte gleichwohl noch mehr davon. Fernliegend ist diese Idee hingegen nicht. Das größte Problem bei der Handhabung von Biowaffen ist deren Domestizierung: Wie bringe ich ein Virus dazu, nur jenen zu infizieren, diesen aber nicht? Dieses Problem drängt sich sofort auf, wenn man sich mit Biowaffen beschäftigt. Daher entspricht es einer gewissen Logik, dass als nächster Schritt nach Wegen gesucht würde, Kontrolle über sie zu bekommen. Und wenn man schon dabei ist …
So abwegig ist meine Idee also nicht. Erschreckend ist vor allem, dass eine Waffe wie Skylla & Charybdis für die Genetiker unserer Tage vermutlich keine allzu große Herausforderung mehr darstellt. Entscheidend ist, wie viel kriminelle Energie jemand aufbringt, um so etwas tatsächlich zu entwickeln. Im Virenkrieg-Zyklus geschieht dies.
Nächsten Dienstag: Wir stellen vor – das Cover von Incubus – Virenkrieg III
Das Virenkrieg-Finale – Eine Übersicht
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