Menschen kriegen Kinder, Autoren kriegen Romane. Das soll nun nicht heißen, dass Autoren keine Menschen wären. Aber ihre Romane sind jedenfalls keine Kinder. Nicht im biologischen Sinn. Man kann jedoch bildhaft sagen: Die Romane wachsen beim Schreiben heran und bereiten dabei ebenso Probleme wie schöne Momente. Und wenn ein Roman geschrieben ist, kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem der Autor ihn loslassen und in die Welt entlassen muss. Sieben Mal habe ich diesen Prozess in den vergangenen fünf Jahren durchlebt, und manches meiner Babys ist ziemlich böse geworden.
Dafür gab ich mein Bestes.
Weil es Spaß macht
Vor fünf Jahren erschien Der Osiris-Punkt, der erste meiner Romane der blauen Periode. So macht man das doch mit Künstlern, oder? Man teilt ihr Werk in Perioden ein, denen man mehr oder weniger alberne Namen gibt. Ich hatte eine rosa Periode, die bis 2006 ging, und 2011 kam die blaue Periode. Dazwischen ist Schwärze. Da Schwarz keine Farbe ist, taugt es nicht für einen Periodenamen, ganz abgesehen davon, dass das irgendwie deprimierend wäre. Aber blau, das geht gut. Das passt. Aus drei Gründen.
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Der erste Grund: Der Strand
Blau ist die Farbe des Meeres, und das Meer ist an allen meinen Romanen der blauen Phase maßgeblich beteiligt. Du kannst das Hintergrundrauschen hören, wenn Du darauf achtest. Das liegt daran, dass zahllose Ideen zu den Figuren und Handlungen meiner Romane auf langen Spaziergängen an einem südfranzösischen Strand entstanden sind, und zwar diesem hier:
Das ist der Strand von Marseillan-Plage im März 2016. In der Hochsaison sieht es hier natürlich ganz anders aus, aber selbst dann ist das Meer immer blau. Hier merkte ich schon 2012, dass Strandspaziergänge unglaublich hilfreich sein können, wenn man sich in einem Romangeschehen verheddert hat.
Vielleicht erinnerst Du Dich an Theo Magenheim, die Hauptfigur aus Der Osiris-Punkt? Theo war 2012 auf diesen Strandspaziergängen Dauergast. Der Hintergrund ist, dass ich den Entschluss gefasst hatte, diesen Roman aus der Schublade zu holen und ihn auf eigene Faust als eBook zu veröffentlichen. Das ist übrigens mal ein Beispiel, wo ich absolut dafür bin, einen Anglizismus statt des deutschen Begriffs zu verwenden. „Auf-eigene-Faust-Veröffentlicher“ – wie klingt das denn? Sagen wir also doch lieber „Selfpublisher“ dazu.
Theo war ein echtes Problem, denn er durfte nicht zu konventionell sein, musste aber eine glaubwürdige Figur werden. Hinzu kam, dass es mir schwierig erschien, in diesem Genre – Ägypten, Archäologie, Grabräuberei – noch tatsächlich etwas Neues zu machen. Im Prinzip war das Thema abgegrast, nicht wahr? Unzählige Autoren hatten über Archäologen geschrieben, die mehr oder weniger unverhofft plötzlich in ein ägyptisches Abenteuer rutschten. Das war wohl auch der Gund dafür, dass sich in den Jahren 2002 und 2003 ziemlich genau null Prozent der Verlage, an die ich den Roman herantrug, interessiert gezeigt hatten – woraufhin Der Osiris-Punkt dann leider in meine Schublade wanderte.
Unter dem Eindruck der Ablehnung durch die Verlage hatte ich nur die Schwächen des Romans gesehen. Als ich ihn 2012 wieder hervorholte und erneut las, sprangen mir jedoch vor allem die Stärken ins Auge: spannende Geschichte, interessante Figuren, die eine oder andere unerwartete Wendung, ein Schuss Humor, und obendrein kann man was lernen – was will man eigentlich mehr?
Also zog ich mich an meinen eigenen Haaren aus dem Sumpf der Niedergeschlagenheit und nahm die Arbeit am Roman wieder auf. Elf Jahre später – das lief natürlich auf eine Überarbeitung der vorliegenden Fassung hinaus. Ich engagierte einen Lektor, weil ich eine unabhängige Meinung wollte, aber mit dem kam es schon bald zu heftigem Streit, weil er nicht an den Roman glaubte. Das Thema interessierte ihn einfach nicht, wie er mir später erklärte. Ich hatte wohl nicht den richtigen Lektor gewählt. Eine gewisse Affinität zu Abenteuerromanen braucht mal wohl schon, um an einem solchen Skript zu arbeiten. Aber es gab doch ein paar interessante Diskussionen über das Schreiben an sich und die Frage, warum ich schreibe. Und da gab es einen Punkt, an dem der Streit auf die Spitze geriet. Ich könne zweifellos schreiben, wurde mir attestiert, aber warum müsse es so was sein? Ich bin ja nicht immer so richtig schlagfertig, aber diesmal war ich es. Ich antwortete: Weil es Spaß macht.
Genau das ist der Punkt: Es hat mir Spaß gemacht, diese Geschichte zu schreiben, und ich denke, das merkt man. Vielleicht ist das etwas, was einen Erzähler von einem Literaten oder Dichter unterscheidet. Aber ich werde jetzt nicht anfangen, über Unterscheidungen in der Literatur wie der zwischen ernsthafter und unterhaltender Literatur zu philosophieren. Das überlasse ich Germanisten und Literaturkritikern. Und das Urteil darüber, ob Der Osiris-Punkt gelungen ist, überlasse ich einfach dem Publikum.
Es war während eines Strandspaziergangs, als dieser gordische Knoten platzte und meine Probleme mit Theo sich verflüchtigten. Warum musste ich unbedingt versuchen, etwas Neues zu machen? Lass die Ausgangssituation am Beginn des Geschehens doch einfach konventionell sein! Das Neue wird beim Schreiben passieren, wenn Theo und die anderen Figuren in Der Osiris-Punkt anfangen, sich in meinen schreibenden Fingern zu entwickeln. Wer die Fortsetzung Der hölzerne Pharao kennt, hat sicher bemerkt, dass da ein Stück Entwicklung passiert ist, denn die Entdeckungen, die Theo in Der Osiris-Punkt macht, haben Konsequenzen. Auch für ihn ganz persönlich. Was sich noch viel stärker in den drei weiteren geplanten Fortsetzungen Drovettis Tagebuch, Das fünfte Grab und Der Jenseitsraum zeigen wird, die noch nicht geschrieben sind.
Was macht einen Menschen zum Entdecker? Das ist eine grundlegende Frage des Menschseins, denn wir alle sind von Natur aus neugierig, wir sind alle kleine Entdecker und hinterlassen alle mehr oder weniger auffällige Entdeckerlein-Fußabdrücke. Nur wenigen von uns sind jedoch solche Entdeckungen vergönnt, wie Theo sie macht.
Auf viele weitere Strandspaziergänge!
Und die beiden anderen Gründe für die blaue Periode? Demnächst mehr.
Der Roman Der Osiris-Punkt von Lutz Buege ist bisher nur als eBook erhältlich. Es gibt eine dreiteilige Version, die nur via Amazon zu bekommen ist und die sich inhaltlich nicht von der Komplettversion unterscheidet, die es außer auf Amazon auch in allen anderen namhaften eBook-Shops gibt.
Hier die Links zu den Downloads der drei Teile auf Amazon:
Teil 1 „Konturen“
Teil 2 „Linien“
Teil 3 „Korridore“.
Die eBook-Komplett-Version mit dem hier rechts abgebildeten Cover von Isabella V. Galanty findest Du praktisch yberall.
Mehr Info über den Roman: → HIER.
+++ Autor Lutz Büge +++ Ybersinn-Verlag +++ Werke +++ Shop +++