Erneut steht eine E-Veröffentlichung an: Den SciFi-Thriller Genetics gab es bisher nur in vier Teilen und nur in der Kindle-Edition bei Amazon. Oder aber in einer gedruckten, aber überholten Version aus dem vergangenen Jahrtausend. Jetzt erscheint der Roman in seiner aktuellen Komplettversion in allen E-Book-Shops für alle Lesegeräte. Das neue E-Book hat eine Geschichte, die mich seit zwei Jahrzehnten umtreibt und die zu Virenkrieg geführt hat, meinem jüngsten Thriller, kürzlich erschienen im Ybersinn-Verlag. Doch wie kommt ein Autor auf die Idee zu einer Gesellschaft wie der von Block Arkansas, wo die Tics in Genetics leben? Was auf den ersten Blick futuristisch wirkt — Science Fiction eben –, ist tatsächlich unserer Realität und Gegenwart abgeschaut. Wie und warum, das erzähle ich in diesem Artikel.
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Genetics: Wen darf man lieben?
In meinem aktuellen Roman Virenkrieg gibt es eine Szene, in der einer der Protagonisten den Eingang zu Block Arkansas entdeckt. Michael Schwartz hat eine Menge gelesen über dieses geheime Mega-Projekt, weiß aber trotzdem nicht, worum es dabei eigentlich geht. Sein Mentor, der Nobelpreisträger Samuel McWeir, hat irgendwie damit zu tun. Die Szene spielt im Jahr 2022. Wer Genetics gelesen hat, weiß mehr als Michael: Block Arkansas ist zu diesem Zeitpunkt soeben versiegelt worden, und erst vor Kurzem wurde dort unten, einen Kilometer unter der Erdoberfläche, das Projekt der Artverbesserung in Angriff genommen. Es geht um die genetische Manipulation des Menschen. Gerade fängt dort alles an, was in Genetics rund 150 Jahre später kulminieren wird. Und alles hängt mit allem zusammen.
Virenkrieg und Genetics sind verzahnt, obwohl eineinhalb Jahrhunderte zwischen ihnen liegen. Genetics war zuerst da. Der Roman ist die Vorgeschichte zu Virenkrieg, obwohl er von Späterem handelt. Vor fast zwanzig Jahren begann ich, an diesem Stoff zu schreiben. Am Anfang stand eine relativ schlichte Frage: Wer entscheidet darüber, wen man lieben darf? Klingt einfach, wird aber deutlich schwieriger, wenn jener Mensch, den man liebt, dem eigenen Geschlecht angehört. Ich möchte daher ein wenig ausholen.
Liebe ist vielfältig
Wir Menschen sind nach allem, was die Wissenschaft bisher weiß, überwiegend potenziell bisexuell. Das ist gewissermaßen unsere biologische Grundausstattung — eine gute, wenn auch nicht neue Nachricht: Liebe ist vielfältig. Kompliziert wird es erst, wenn wir uns zu fragen beginnen, ob wir diese Bisexualität tatsächlich leben können, leben wollen oder leben können wollen. Sie ist nämlich belastet mit der Patina der Jahrtausende, mit einem Berg von Unterdrückung, der aus einem unentwirrbaren Mix aus religiösen und kulturellen Traditionen besteht. Gewollt ist, dass wir heterosexuell leben. Die Herrscher hätten sonst in allen Zeiten sicher Probleme mit dem Soldatennachwuchs bekommen. Für unsere Gegenwart hingegen wäre gelebte Bisexualität sogar eine Überlebensstrategie: Vielleicht wäre die Erde nicht derart übervölkert, wie sie es heute ist? Vielleicht hat die Evolution uns Menschen genau deswegen so erschaffen?
Begeben wir uns zurück in die Neunzigerjahre, als die Idee zu Genetics entstand. In den Siebzigerjahren war ich ein verwirrter Junge, der schon ahnte, dass mit ihm „etwas nicht stimmt“, in den Achtzigern erst ein Hetero, dann bald ein junger Schwuler, und in den Neunzigern war ich ein Schwuler, der sich, so denke ich, gefunden hatte. „Schwul“ war damals noch ein Schimpfwort, aber das änderte sich gerade. Bisexuelle waren für mich Menschen, die sich im kraftzehrenden Kampf mit Geschlechterrollen aufrieben.
Lutz im Jahr 1997,
als Genetics entstand
Das interessierte mich nicht. Die Entscheidung darüber, wen ich liebte, machte ich zu meiner eigenen, sofern sich das steuern ließ. Vom elterlichen Umfeld, das von mir verlangte, als Hetero zu fühlen, obwohl mir das nicht möglich war, koppelte ich mich ab. In der Forderung, mich anzupassen, lag eine Ungerechtigkeit, die ich nicht hinnehmen konnte, wollte und können wollte, denn was ich eigentlich wollte, interessierte meine Familie sonderbarerweise nicht, was diesen speziellen Punkt betraf.
Ein radikaler Gedanke
Hier liegt die Wurzel zu Genetics. Ein radikaler Gedanke: Kehren wir das Ganze einfach um! Zeigen wir den Heteros, was für einen Mist sie anrichten, indem sie das, was sie für sich selbst als gut und richtig erachten, ohne zu fragen auf alle Menschen übertragen. Also erschuf ich eine Welt, in der Schwulsein gelebte Normalität ist und in der Heteros Parias sind. Eine Welt, in der Männer es mit Männern tun sollen, auch wenn sie es nicht wollen, und in der Heteros mit grauenhaften Konsequenzen zu rechnen haben, wenn sie sich nicht anpassen.
Die Hügel von Arkansas (Mount Magazine State Park, Bildautor: Jasari)
Block Arkansas ist eine Gesellschaft von Männern. Ein schwules Paradies? Von wegen! Ich wollte kein naives Ideal schaffen, sondern der Gegenwart den Spiegel vorhalten. So wie es in der Gegenwart Instanzen gab und gibt, die Heterosexualität — bis heute machtvoll — als das einzig Wahre propagieren, muss es in Block Arkansas eine Instanz geben, die das Gegenteil mit Homosexualität tut. Es geht um Macht, um die Herrschaft über die Köpfe.
Also wird Block Arkansas von Ciah regiert, einer künstlichen Intelligenz (die, am Rande bemerkt, von einem weiteren Nobelpreisträger erschaffen wurde: dem Informatiker Lucas Phelps, der ebenfalls im Virenkrieg-Zyklus eine Rolle spielt). Außerdem wird Sexualität in Genetics wie in unserer Gegenwart in den Dienst der Fortpflanzung gestellt, denn dazu ist sie ja bekanntlich einzig und allein da: In Block Arkansas werden die Leute dazu angehalten, strikt homosexuell zu leben. Dies dient der Stabilisierung der Gesellschaft — und damit dem Projekt der Artverbesserung, auf das Ciah programmiert ist. Hin und wieder müssen jene Bewohner von Block Arkansas, die besonders vorteilhafte Gene tragen, „zu den Frauen gehen“. Sie tun dies, um ihrer Pflicht zu genügen. Man könnte von Zwangsheterosexualität sprechen.
Dämonische Macht
Das alles hat nichts mit Liebe zu tun. Liebe stört nur, wenn man, wie Ciah in Genetics, ein faschistisches Regime führt. Was die künstliche Intelligenz da unten treibt, ist Lebensborn pur. Das Projekt der Artverbesserung könnte tatsächlich von den Nazis stammen. Dazu mehr in einer Woche.
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Gewalt gegen Homosexuelle
ist immer noch alltäglich:
„Day of Kisses“, Moskau 2013.
Bildautor: Roma Yandolin
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Das Wort Liebe existiert nicht im Wortschatz der „Tics“. So nennen sich diese Leute (das Wort entstand als Kurzform von „Genetics“), die genau wissen, dass sie von Menschen abstammen, aber längst eine eigene Art bilden: Sie unterscheidet sich vom Menschen unter anderem durch ein zusätzliches Chromosomenpaar. Doch obwohl es dieses Wort — Liebe! — bei den Tics nicht gibt, existiert Liebe natürlich, denn in ihrer emotionalen Grundausstattung sind die Tics den Menschen noch sehr ähnlich. Und natürlich bringt die Liebe in Genetics alles durcheinander. Das ist nur konsequent: Wenn Liebe dämonisiert wird, bekommt sie dämonische Macht.
Genetics erscheint am 28. Januar als E-Book in einer durchgesehenen Gesamtversion. Dann werden die vier Teile der im Jahr 2013 erschienenen Version gelöscht, die jetzt noch in der Kindle-Edition bei Amazon erhältlich sind. Die gedruckte Version, 1999 im Männerschwarmskript-Verlag Hamburg erschienen, ist überholt und mit der Gesamtversion von 2016 auch optisch nicht zu verwechseln.
Anlässlich des Erscheinens bringe ich am 28. Januar den Artikel „Konsequent menschenfeindlich“, in dem ich mich mit der Gewalt in Genetics beschäftige und der den oben stehenden Artikel fortsetzt.
–> HIER
Mehr zu Genetics –> HIER.
Außerdem:
Der Skylla-Themenmarathon
Übersicht über zahlreiche Artikel des Jahres 2016 zu Genetics, Virenkrieg und Skylla: –> HIER.
Neu: Virenkrieg I.
Thriller von Lutz Büge (Printausgabe)
„Verehrte Herren, lassen Sie mich nun zum Punkt kommen. Welche Kriterien zeichnen ein echtes Killervirus aus? Ich glaube, es sind vier:
Erstens: Hohes Ansteckungspotenzial. Es kann leicht übertragen werden. Unübertroffen ansteckend ist das Pocken-Virus, aber auch Influenza-Viren wie H5N1 können das gut.
Zweitens: Hohe Sterbequote mit dem Potenzial, selbst das beste Gesundheitssystem zum Zusammenbruch zu bringen. Unübertroffen: das Marburg-Virus mit bis zu 90 Prozent Toten.
Drittens: Mieses Image. Unser Killervirus löst Panik aus und lässt das gesellschaftliche Zusammenleben zum Erliegen kommen.
Viertens: Kein Gegenmittel. Es steht kein Impfstoff zur Verfügung und es kann in der Eile auch keiner hergestellt werden. Im Idealfall sollte es sich also um ein unbekanntes Virus handeln, das noch nicht erforscht werden konnte.
Und damit kommen wir zum Kern dieser Veranstaltung, sehr geehrte Herren, denn ich hätte hier etwas für Sie, hier in diesem kleinen, unscheinbaren Hochsicherheitsbehälter …“
Auszug aus den SCOUT-Protokollen, März 2017
Böse? Das war erst der Anfang. Mehr gibt es –> HIER.
Virenkrieg – Erstes Buch. Roman. Ybersinn-Verlag Offenbach. Paperback.
440 Seiten. 14,90 Euro. ISBN: 9783981738803.
In Buchhandel (Bestellung) oder beim Ybersinn-Verlag. Direkt-Bestellung –> HIER.
Das E-Book gibt es in allen gängigen Online-Shops. ISBN 9783844292503.
Oder in unserem Freund-Shop Epubli.de: –> HIER.
Von Lutz Büge stammen diese Bücher und E-Books:
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